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4. Feine Backwaren aus Feinteigen ohne Backhefe

Zu dieser Gruppe zählen Lebkuchen und Hartkekse die mit chemischen Triebmitteln gelockert werden. Diese Gebäcklockerung wird teilweise auch für Mürbteiggebäcke, insbesondere für leichte, d. h. fettarme Teige angewandt. Schwere Mürbteige werden durch das Fließen der Teige (Fettschmelze, Zuckerlösung) und durch Wasserdampf gelockert. Der Blätterteig erfährt mittels physikalischer Wasserdampflockerung eine sehr starke Krumenlockerung.

4.1 Mürbegebäcke

Die Leitsätze für Feine Backwaren sehen für Mürbegebäckteige mindestens 20 kg Fett auf 100 kg Getreideerzeugnisse vor (3). In der Praxis werden deutlich höhere Mengen von 30 bis 70 Teilen eingesetzt. Nach den Angaben der Tabelle 8 fehlt in Mürbeteigen die für eine Teigbildung erforderliche Flüssigkeit. Im Mürbeteig bindet in erster Linie das Fett die trockenen Zutaten wie Mehl und Kristallzucker. Somit liegen in einem Mürbeteig völlig andere Zustände vor. In diesem lipophilen System bildet das Fett die kontinuierliche Phase und vereinigt die Trockenstoffe. Dabei bestimmt die Fettmenge und Fettkonsistenz die Teigkonsistenz und die Art der Aufarbeitung (Form-, Schnitt- oder Spritzgebäck).

Die Zutaten Fett und Zucker nehmen maßgeblichen Einfluss auf die Gebäckstruktur. Ausgehend von einem schweren Mürbteig (1:2:3 Rezept) mit mürbem Bruch und sandigem Kaueindruck, führt eine Verringerung der Fettmenge zu einem härteren Gebäck. Da hierdurch die Teigbindung zurückgeht, wird mit der Fettreduzierung der Einsatz von Flüssigkeit in Form von Eidotter, Vollei, Milch, Wasser oder Flüssigzucker erforderlich, sowie zur Lockerung ein chemisches Triebmittel.

Die Tabelle 8 gibt den Rezeptbereich an. Für leichte Mürbeteige verwendet man 30 bis 40 Teile Fett und für schwere 60 bis 70 Teile. Der Zuckeranteil liegt im Mittel bei 30 bis 40 Teilen. Erhöht man die Zuckermenge, so wird das Gebäck härter und umgekehrt. Bei flüssigkeitsarmen Teigen ist das Kochsalz vorher zu lösen. Gleiches gilt auch für Triebmittel, nicht für Backpulver. Weitere Hinweise sind unter den Literaturstellen 4 und 5 zu lesen.

Tab. 8: Rezeptbereich für Mürbegebäckteige, Formgebäck

Backzutaten Rezeptbereich (T)
Weizenmehl 100
Backfett 20 – 70
Zucker 25 – 50
Flüssigkeit, Ei 0 – 15
Triebmittel 0 – 1
Salz 0,8 – 1,2

 

Besonderes Augenmerk ist auf die Teigkonsistenz zu richten. Da Mürbteige in der Regel maschinell aufgearbeitet werden, ist die Teigkonsistenz auf die Erfordernisse der Maschine anzupassen. Da Fette temperaturabhängig ihre Konsistenz verändern (Solid Fett Index) sind bei mechanischer Belastung der Teigherstellung und Aufarbeitung diese Besonderheiten zu beachten.

4.2 Hartkekse

Hartkekse zeigen als klassische Dauerbackwaren eine geringe Gebäckfeuchte und Lockerung sowie einen festeren Bruch und Kaueindruck. Diese Gebäckeigenschaften sind am Rezeptbereich der Tabelle 9 erkennbar. Eine extrem niedrige Flüssigkeitszugabe, weitgehend im Flüssigzucker gebunden, fördert nicht die sonst üblichen Lösungs- und Quellungsvorgänge im Teig. Das angegebene Wasser wird benötigt für das Lösen von Triebmittel und Salz. Dieser Vorgang erfolgt vor der Zugabe zum Teig.

Mit dem Flüssigzucker und dem Fett erfährt der Teig eine anfängliche Bindung. Durch fortlaufendes langsames Kneten im Z-Kneter oder intensiveres Kneten im Horizontalkneter wird der zunächst krümelige und feste Teig über die maximale Viskosität hinaus geknetet. Dabei erfolgt unter starker Wärmebildung (Teigtemperaturen von 50 – 60 °C) ein Überkneten des Teiges, er erhält plastische Teigbeschaffenheit. Sie erlaubt die Teige anschließend zu Laminieren und Aufzuarbeiten ohne Schrumpfen der Gebäckform.

Tab. 9: Rezeptbereich für Hartkeksteige

Backzutaten Rezeptbereich (T)
Weizenmehl 100 1
Flüssigzucker, Zucker 5 – 20
Fett 10 – 12
Wasser 10 – 12
Triebmittel 1 – 1,5
Salz 0,5

 

Der Zuckeranteil sorgt für eine deutliche Süße im Gebäck. Aufgrund der niedrigen Fettmenge von 10 – 15 Teilen wäre die Textur der Gebäcke hart. Durch das Falten (Laminieren) des Teiges erfährt der Teig eine Unterbrechung der kontinuierlichen Struktur, was die Lockerung unterstützt, wodurch die Textur der Kekse weniger hart ist. Die gefalteten Teige zeigen im Bruch der Gebäcke eine deutlich geschichtete Krumenstruktur. Hartkeksteige können auch als „kalte“ Teige hergestellt werden. Diese nach der Art von Mürbekeksen gekneteten und aufgearbeiteten Teige benötigen einen deutlich höheren Fett und/oder Triebmittelanteil.

4.3 Blätterteiggebäcke

Zur Herstellung von Blätterteigen wird ein gut entwickelter Grundteig aus Mehl, Wasser und Salz geknetet, dem Fett in Schichten eingezogen wird. Der Mindestfettanteil liegt nach den Leitsätzen für Feine Backwaren bei 62 kg und reicht in der Praxis bis 100 kg bezogen auf 100 kg Getreideerzeugnisse (3). Die Wasserschüttung richtet sich nach der Wasseraufnahme des Weizenmehles, das bei einem Proteingehalt von 12 bis 14 % eine Teigausbeute von 160 erreichen dürfte. Höhere Wasserzugaben können das Ausbacken erschweren, eine speckige und damit auch festere Krume ergeben, was dem gewünschten zarten und kurzen Biss entgegensteht.

Tab. 10: Rezeptbereich für Blätterteige

Backzutaten Rezeptbereich (T)
Weizenmehl 100
Wasser 54 – 62
Salz 1 – 1,5
Ziehfett 60 – 100

 

Die Tabelle 10 gibt den Rezeptbereich an. Der hohe Fettanteil bewirkt eine Trennung der Grundteigschichten. Damit kann sich der Wasserdampf während der Backphase leichter ausdehnen und führt zu dem hohen Lockerungsgrad der Gebäcke. Während der Ofenhitze fließt das Öl in die darunter liegenden porösen Grundteigschichten und führt damit zu dem zarten Kaueindruck dieser Gebäcke. Bei fehlerhafter Falttechnik der Teige kann ein größerer Anteil des Fettes aus den äußeren offenen Schnittflächen heraus fließen. Dies ergibt harte Gebäcke mit geringer Lockerung.

4.4 Lebkuchen

Lebkuchen sind Saisongebäcke mit langer Tradition. Die Leitsätze für Feine Backwaren sehen umfangreiche Regelungen für Wert gebende Mindestmengen der Süßungsmittel und Ölsamen vor (3). In Deutschland werden überwiegend Braune Lebkuchen und Oblatenlebkuchen hergestellt.

4.4.1 Braune Lebkuchen

Braune Lebkuchen werden aus Teigen ohne Oblatenunterlage hergestellt, wobei auf 100 kg Getreideerzeugnisse und/oder Stärken mindestens 50 kg (als Trockensubstanz) Zuckerarten verwendet werden (3). Zu dieser Gebäckgruppe zählen auch Erzeugnisse wie Honiglebkuchen, Dominosteine, Printen, Spitzkuchen und gefüllte Lebkuchen. Braune Lebkuchen haben nach optimaler Konditionierung und Verpackung eine lange Lagerfähigkeit von Monaten, ohne das eine Alterung vergleichbar mit Hefefeingebäck erfolgt.

Tab. 11: Rezeptbereich für Braune Lebkuchenteige  

Backzutaten Rezeptbereich (T)
Weizenmehl, Roggenmehl 100
Flüssigzucker 70 – 110
Milchsäure (80 %)  0,2 – 0,5
Öl, Fett 0 – 3
Wasser 3 – 6
Triebmittel 1 – 3
Gewürze 2 – 4

 

Die Hauptzutaten sind nach Tabelle 11 das Weizenmehl, selten auch Roggenmehl (bis 30 %) und der Flüssigzucker ursprünglich in Form von Honig. Um den Honig verarbeitungsfähig zu erhalten musste er in früheren Zeiten erwärmt d. h. die Kristalle aufgelöst werden. Die Herstellung von Invertzucker erfolgte anfänglich bei Lebküchlern durch Aufkochen einer Saccharoselösung unter Zugabe von Säure und bestimmten Haltezeiten. Seit Jahrzehnten kann der Bäcker Invertzuckersirup gleichmäßiger Zuckerzusammensetzung beziehen. Seit etwa 10 Jahren wird verstärkt aus preislichen Gründen fruktosehaltiger Glucosesirup aus Maisstärke verwendet. Neben dieser Darstellung der Entwicklung der eingesetzten Zuckersirupe werden auch farbintensive flüssige oder kristallisierte Zucker eingesetzt.

Bezüglich der Herstellung des Lagerteiges ist die warme Teigherstellung für die Gebäcklockerung vorteilhaft. Dazu werden Zuckersirupe auf 80 bis 110 °C erhitzt und zur Teigbereitung in den Kneter gegeben. Am Ende der Knetzeiten werden Teigtemperaturen von 50 – 60 °C erreicht, die eine Quellung im Teig mit positiver Volumenentwicklung beim Backen bewirken. Bei den großen Teigen ist die Temperatur der Lagerteige nach 1 bis 3 Tagen auf 25 – 30 °C abgekühlt, sodass die Triebmittel und Gewürze zum Teig gegeben und der Teig aufgearbeitet werden. Der Einsatz von Öl fördert die Ausformbarkeit der leicht klebenden Teige.

Da der relativ feste und flüssigkeitsarme Teig ausschließlich mit chemischen Lockerungsmitteln gelockert wird, ist eine relativ hohe Dosierung erforderlich. Es handelt sich dabei um Ammoniumtriebmittel (2/3) und Pottasche (1/3). Wegen erhöhter Acrylamidwerte wurden in den letzten Jahren anstelle von Ammoniumtriebmitteln besonders bei den großen Herstellern Backpulver verwendet, leider mit dem Nachteil eines stumpfen Geschmacks. Die Gewürze haben neben der geschmacklichen Komponente auch eine positive physiologische Wirkung (beruhigen den Darm). Die Gewürzmischungen enthalten Zimt, Nelken, Anis, Kardamom, Piment, Muskatnus, Koriander, Ingwer, Vanille und andere.

Braune Lebkuchen weisen bei relativ niedrigen Gebäckfeuchten von 14 – 16 % und einer Wasseraktivität von etwa 0,70 eine weiche und feuchte Krume auf. Weitere Vorteile verdankt der Lebkuchen dem hohen Fruktosegehalt wie ein hoher Schutz vor Schimmelwachstum, eine hohe Löslichkeit und Hygroskopizität. Ebenso finden im Braunen Lebkuchen kaum Alterungsvorgänge statt. Der Lebkuchen kann nach Austrocknung durch Konditionierung bei einer Luftfeuchte von 70 % in wenigen Tagen seine gewünschte Feuchte ohne Qualitätsverlust zurück gewinnen. Diese besonderen Sorptionseigenschaften verdankt er der Fruktose.

4.4.2 Oblatenlebkuchen

Oblatenlebkuchen sind auf Oblaten aufgestrichene Massen, deren Oberfläche anschließend getrocknet (Hautbildung) und gebacken werden. Bezüglich der Form sind runde und rechteckige Gebäcke bekannt. Wegen der vielfältigen Zutaten ist die Rezeptvielfalt sehr umfangreich. Wertgebende Zutaten sind auch bei diesen Lebkuchen die Ölsamen. Wir kennen die Bezeichnungen Mandel- oder Nusslebkuchen, wobei als Nüsse nach den Leitsätzen (3) nur Wal- und/oder Haselnüsse verstanden werden.

Tab. 12: Rezeptbereich für Oblatenlebkuchen, Weiße Lebkuchen

Backzutaten Rezeptbereich (T)
Weizenmehl 100
Zucker 80 – 100
Vollei 30 – 50
Wasser 30 – 50
Ölsamen 30 – 60
Zitronat, Orangeat 20 – 30
Gewürze 1,5 – 2
Triebmittel 1 – 2,5

 

Ursprünglich erfolgte die Herstellung der Elisenlebkuchen aus einem Eiweißschaum und die der Weisen Lebkuchen aus einem Volleischaum dem anschließend die Ölsamen, Dickzuckerfrüchte, Gewürze und evtl. Triebmittel untergearbeitet wurden. Da die physikalische Lockerung bei entsprechendem Litergewicht in der Regel zu einer guten Gebäcklockerung und offenen Porung führte, war die Frischhaltung dieser Gebäcke nur auf wenige Wochen beschränkt. Eine heute übliche Mindesthaltbarkeit von 6 Monaten war demnach nicht möglich.

Der Rezeptbereich der Tabelle 12 bezieht sich auf die Herstellung von Weißen Lebkuchen. Die angegebenen Zutaten und Mengenverhältnisse für Mehl, Zucker, Ei und Wasser erinnern an Tortenbodenmassen. Diese Zutaten werden glatt gerührt und anschließend die stückigen Zutaten zugegeben. Eine Gebäcklockerung über chemische Triebmittel führt zu einer feinen Porung mit dem Vorteil einer langen Frischhaltung. Weitere Hinweise zu Rohstoffen und Herstellung finden Sie unter den Literaturstellen 4 und 5.